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Lord Cienia
Dołączył: 27 Cze 2013
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Wysłany: Pon 3:48, 26 Sie 2013 Temat postu: Probier's mal mit Gemütlichkeit |
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Probier's mal mit Gemütlichkeit,[link widoczny dla zalogowanych]
Wohin mit sich in diesen Zeiten? Der sicherste Ort ist immer noch die eigene Wohnung. Jetzt muss sie nur noch eingerichtet werden
Nehmen wir mal das Wort "Gemütlichkeit". Ein Wort, das nur in der deutschen Sprache vorkommt. In der Mitte hängt das ü durch wie ein tiefes Sofa. Man möchte sich sofort hineinfläzen in dieses Wort. Und die Dinge langsam angehen.
Andreas Murkudis aber gerät in Hochform, wenn er über Gemütlichkeit spricht. In seinem Laden in Berlin-Mitte lässt er sich auf ein Sofa mit vielen Kissen sinken und singt gewissermaßen ein Prosit der Gemütlichkeit. Der Bruder des Modedesigners Kostas Murkudis führt in Berlin eine Reihe von Geschäften, in denen er Dinge verkauft, die er "selbst gerne hätte". Modeartikel wie Sneakers vom belgischen Designer Raf Simons und viele Einrichtungsgegenstände: Tischdekor aus Porzellan der Manufaktur Nymphenburg, Lobmeyer-Kronleuchter aus Wien, Stehlampen aus Berliner Hinterhofschmieden.
Die Wohnungen müssten wieder eine Zuflucht sein können, sagt er. Murkudis, der 20 Jahre lang für das "Museum der Dinge" gearbeitet hat, bietet sich als Fluchthelfer an: mit Eichenbetten der Möbelmanufaktur e15 und neuerdings auch mit Teppichen. In Mailand hat er einen Familienbetrieb gefunden, der alte Perser entfärbt und dann einfarbig wieder einfärbt. So entsteht moderne Auslegeware, auf der Fragmente jahrhundertealter Muster hervorblitzen. Außerdem hat er Lampen von Günter Ssymmank im Sortiment: stilisierte Blumen, deren Köpfe sich auf beweglichen Stängeln wiegen. Geht es noch mußevoller? "Eine Wohnung muss Ecken bieten, in die man sich hineinlümmeln und dort Zeit verbringen möchte", sagt Murkudis.
Wohnen wird heute so wichtig genommen wie lange nicht mehr. "Seit je besinnen sich Menschen in Krisenzeiten wieder stärker auf ihr Heim", sagt etwa Howard Draft, Chef von Draft FCB,[link widoczny dla zalogowanych], einer der größten Werbeagenturen der Welt. "Sie gehen zum Beispiel weniger oft in Restaurants und bleiben stattdessen lieber in ihren eigenen vier Wänden." Deswegen investieren wir unser Geld, wo es uns erhalten bleibt: in unseren Wohnraum. Es wird auch Zeit. Wir sind viel zu lange draußen gewesen.
Nicht umsonst fordern Designer wie Matteo Thun eine "Wiederentdeckung des Wohnzimmers". Das vergangene Jahrzehnt war eine Feier des Draußen: In den Großstädten boomten die Strandbars, die man späteren Generationen einmal als biergetränkte Sandhaufen erklären muss, die mit Liegestühlen versehen waren. Es gab die Menschen, die im Café darauf bestanden, ihren Tee draußen zu trinken, sobald die Temperaturen zweistellig waren, gewärmt von einer fleckigen Wolldecke. Es gab die Marathon-Massenläufe und das to go: Menschen tranken ihren Kaffee aus Pappbechern, die sie ständig mit sich führten. Selbst Tätigkeiten, die sich wirklich nicht für den Außenbereich eignen, wie Büroarbeit, wurden unter den freien Himmel verlegt. Da saßen Agenturmenschen auf der Terrasse, konnten wegen der Sonneneinstrahlung die Bildschirme ihrer Laptops nicht mehr lesen und hechteten davonfliegenden Papieren hinterher.
Die Freiluft wurde nicht immer so gefeiert. Schließlich galt es einmal als äußerst unschicklich, auf der Straße zu essen. Im Freien nahmen nur jene Menschen ihre Nahrung zu sich, die auch im Freien arbeiteten. Dort, wo der Müll war, die kleinen Tiere, der Regen und der Kot. Warum stört uns das eigentlich heute nicht, wenn wir unseren Latte macchiato auf einem Berliner Bürgersteig schlürfen, der zugleich als Hundebedürfnisanstalt dient?
In Ländern, wo die größte Frage der Menschen nicht lautet, mit wie viel Milchschaum sie ihren Kaffee nehmen, ist es immer noch wichtig, viel Zeit drinnen zu verbringen. In Schwellenländern wie Vietnam ziehen sich die Leute, wenn sie Mofa fahren, Nylonstrümpfe über die Arme. So bleibt die Haut heller. Und helle Haut signalisiert: Ich muss nicht draußen arbeiten - ich habe einen Bürojob.
Im Westen aber war das Zuhause lange nicht the place to be. In Serien wie Sex and the City lernten wir, dass Wohnungen so etwas sind wie begehbare Kleiderschränke, in denen man sich zwischen zwei Dates umzieht. Und niemand würde in einer Kontaktanzeige schreiben, er sei ein "häuslicher Typ", genauso wenig, wie man dort das Wort "gemütlich" findet.
Dabei vereinen Menschen,[link widoczny dla zalogowanych], die viel zu Hause sind, zahlreiche Eigenschaften in sich, die wir an anderen schätzen. Wer zu Hause andere Menschen empfängt, muss sich um die Konversation sorgen. Er muss überlegen, welche Musik er auflegt. Vielleicht kocht er etwas. Zu Hause muss man sich um die anderen kümmern. Wenn wir also nun wieder mehr zu Hause bleiben, knüpfen wir gewissermaßen an gute alte Werte an.
Vor allem aber wird es zu Hause immer schöner: Bäder werden mittlerweile liebevoll eingerichtet wie Wohnzimmer, es gibt Duschen, unter denen man mehr erleben kann als auf mancher Auslandsreise: ob ein orientalisches Dampfbad mit Sandelholzbeduftung oder einen tropischen Dschungelregen. Kinderzimmer werden so aufwendig gestaltet wie nie. Für den Schweizer Möbelhersteller Vitra sind Miniausgaben von Designklassikern, etwa dem Panton-Kinderstuhl, ein wachsendes Geschäft.
Am meisten aber tut sich in Deutschlands Küchen. War die Küche einst ein schmuckloser Versorgungsraum mit einfach zu reinigenden Oberflächen und einer Durchreiche zum Wohnraum,[link widoczny dla zalogowanych], ist sie nun öfter das Zentrum der Wohnung.
"Die Leute kaufen endlich wieder große Tische", sagt Inez Franksen. Die 75-Jährige ist die große Dame der deutschen Designszene. Vor 45 Jahren eröffnete sie Modus, das erste Geschäft für Designmöbel in Berlin. Die Tafel sei wieder zum Zentrum der Wohnung, zum Angelpunkt des Lebens geworden, sagt sie. "Man mag gar nicht mehr glauben,[link widoczny dla zalogowanych], an was für mickrigen Tischchen die Menschen früher gegessen haben." Mit der Rückkehr des Tisches kommt auch alles wieder, was man dort gemacht hat: Gäste empfangen, arbeiten, beisammen sein.
Zeit also für eine Rehabilitierung des Drinnen. Aber wer bringt uns bei, wieder richtig zu wohnen? "Eine Wohnung ist wie eine Handschrift", sagt Florian Hufnagl. Er ist Chef der Neuen Sammlung in München, der weltweit größten Sammlung von Industriedesign. "Dass man seine Persönlichkeit im Wohnen ausdrückt, ist bei vielen Menschen noch nicht angekommen." Sie sorgen sich darum, dass es bei ihnen nicht repräsentativ genug aussehen könnte, als müssten sie in einem Dogenpalast wohnen. Eine ganze Reihe von wenig nützlichen Möbelstücken verdankt dieser Unsicherheit ihre Existenz.
Der Klassiker der Wohnmissverständnisse ist für Hufnagl immer noch der allein stehende Designersessel. "Ein Möbelstück, das niemand benutzt, das aber unübersehbar in der Wohnung platziert wird, damit jedem Besucher offenbar wird, wie viel Geschmack man hat." Besonders der Lounge Chair von Charles und Ray Eames wird gerne derart ausgestellt. "Dabei ist der einmal für Leute gemacht worden, die sehr klein sind. Man sitzt viel zu tief und kann kaum daraus aufstehen."
Vor Jahrzehnten gab es noch eine Wohnberatung des Deutschen Werkbundes. Wer einen Grundriss der Wohnung vorlegte, bekam Einrichtungsvorschläge mit allerlei Produktempfehlungen.
Mittlerweile ist die Wohnberatung der Ikea-Katalog mit rund 10.000 Produkten, der für jeden Geschmack eine Pressspanausformung bereithält. Wer Geld hat,[link widoczny dla zalogowanych], beauftragt einen Innenarchitekten - der wiederum die Wohnung nach seinem eigenen Befinden ausstattet. Schade, findet Hufnagl: Da nehmen Menschen Geld in die Hand,[link widoczny dla zalogowanych], um sich einen Wohnraum zu gestalten - und liefern sich dem Geschmack eines anderen aus.
Heute sind Menschen wie Andreas Murkudis die Vorreiter einer neuen Wohnkultur. Er ist für diejenigen da, die nicht die Zeit haben, selbst auf die Suche zu gehen, und doch ihren eigenen Stil entwickeln wollen. Für sie sucht er in aller Welt kleine und große, unauffällige und augenfällige Einrichtungsgegenstände zusammen. Unzählige Geschichten von Wohnkultur gibt es in seinem Laden. Murkudis reist das ganze Jahr, um seine Wohnobjekte in ganz Europa zusammenzutragen. Sie sind in seinem Geschäft aufgereiht wie die Buchstaben einer Sprache,[link widoczny dla zalogowanych], die wir noch lernen müssen.
Denn richtiges Wohnen ist nicht so einfach. "Der größte Fehler der Leute ist, dass sie alles auf einmal wollen", sagt Andreas Murkudis. "Man muss den Dingen Zeit lassen, man muss den Möbeln Gelegenheit geben, einen zu finden." Im Leben kommt eben eines zum anderen. Und in einer Wohnung, in der alles von Anfang an da sein soll, kann sich nichts mehr entwickeln.
Viele Menschen, glaubt Andreas Murkudis, denken, man müsse in eine Wohnzeitschrift einziehen: blank geputzte Möbelinstallationen, in denen vielleicht eine in einer schwanenhalsigen Vase drapierte Lilie Platz findet, aber leider kein Mensch. Lofts, umgebaute Industrieetagen, die in Designzeitschriften von einem Leben in schier unendlichen Wohnweiten künden, sind für Murkudis nichts als moderne Museen. "Ich kenne ein paar Leute, die solche perfekten Wohnungen eingerichtet haben, aber die meisten sind dort gar nicht zu Hause. Diese Dinger sind einfach schwer bewohnbar."
Auch Inez Franksen hat oft Kunden im Laden, die am liebsten hätten,[link widoczny dla zalogowanych], dass sie alles für sie einrichtet. "Manche möchten sogar von mir wissen, welche Kunst sie sich an die Wand hängen sollen."
Sie hat ein Rezept für richtiges Wohnen. Sie rät den Menschen, die eine neue Wohnung beziehen, mit fast nichts anzufangen: einem Stuhl, einem Tisch, einem Bett. Dann soll man den Raum jeden Tag auf sich wirken lassen. Das Licht beobachten. Irgendwann wird man feststellen,[link widoczny dla zalogowanych], wo man sich gerne aufhält, wie die täglichen Wege durch die Wohnung sind. Dann kann immer mehr hinzukommen: der richtige Sessel, die richtige Kücheneinrichtung, das richtige Regal. Und irgendwann auch das richtige Sofa.
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